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IFRS SDS: Nachhaltigkeitsberichterstattung wird konkretisiert

ISSB definiert das Wie, Wo und Was

IFRS SDS: Neue Standards für das Nachhaltigkeitsreporting ab 2024
29.08.2023
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Bereits im November 2021 wurde vom IASB – dem „International Accounting Standards Board“ - ein auf Sustainabilty Reporting spezialisiertes Gremium ins Leben gerufen. Der ISSB – International Sustainability Standards Board – genannte Standardsetter hat den Auftrag, die unternehmerische Berichterstattung über Umweltbelange zu konkretisieren. Das ISSB hat nun geliefert und mit IFRS S1 und IFRS S2 im Juni 2023 die ersten IFRS SDS Standards publiziert, die künftig die allgemeinen Leitplanken sowie die speziellen Berichtsinhalte definieren. Weitere Schritte sind in Vorbereitung.

IFRS S1: Allgemeine Anforderungen an die Offenlegung von Finanzinformationen zur Nachhaltigkeit

Bereits ab dem Geschäftsjahr 2024 werden kapitalmarktorientierte Konzerne von IFRS S1 in die Pflicht genommen, bestimmte Sustainability-Informationen zu publizieren. Eile für IFRS-Reporter ist also geboten. 

 

Im Fokus der IFRS S1 Vorschriften stehen Informationen, die aktuell und künftig einen Bezug zu nachhaltigkeitsbezogenen Risiken und Chancen aufweisen – und somit Bilanzlesern bei Entscheidungen über die Bereitstellung von Ressourcen für das Unternehmen nützlich sind, also beispielsweise Investitions- und/oder Finanzierungskalküle mit Daten unterlegen wollen. 

 

Da grundsätzlich die vom Unternehmen generieren Cashflows für dessen Bewertung und Zukunftsfähigkeit entscheidend sind, sollen primär deren Abhängigkeiten von Ressourcen mit Nachhaltigkeitsbezug offengelegt werden. 

 

IFRS S1 verpflichtet somit kapitalmarktorientierte Unternehmensgruppen, Informationen über alle nachhaltigkeitsbezogenen Risiken und Chancen zu publizieren, von denen potenziell ein Effekt auf kurz-, mittel- oder langfristige Cashflows des Unternehmens, seinen Zugang zu Finanzmitteln oder seine Kapitalkosten ausgehen kann. 

 

Diese Informationen müssen in die Finanzberichterstattung an prominenter Stelle, also z.B. im Lagebericht oder der MD&A, integriert werden und sind erstmals für Geschäftsjahre zu liefern, die am 01.01.2024 beginnen. Indes hatte das ISSB ein Einsehen und setzt für die erstmalige Offenlegung die Pflicht zur Angabe von Vorjahresvergleichswerten als Starthilfsmaßnahme aus.  

 

Inhaltlich im Mittelpunkt der neuen Berichterstattungsbausteine steht ein vorgangsbezogenes. am Wertschöpfungsprozess der Unternehmung orientiertes Reporting zur Governance, der Unternehmensstrategie, dem Risikomanagement und den Kennzahlen sowie unternehmerischen Zielen. 

Abbildung 1 - Inhaltliche Anforderungen an die Berichterstattung gemäß IFRS S1

Hier ist der Arbeitsaufwand ggf. nicht fair verteilt: Ein-Produkt-Unternehmen mit starker Konzentration auf ein universelles Fertigungsverfahren bzw. ein überschaubares Portfolio an Zuliefern und Kunden können im Vergleich heterogen aufgestellten Konglomeraten die Reportingkomplexität sicherlich deutlich reduzieren.   

IFRS S2: Klimabezogene Offenlegung

Der zweite Baustein der aktuell publizierten IFRS SDSs nimmt die konkrete inhaltliche Ausgestaltung der Umweltberichterstattung ins Visier. 

 

Im Mittelpunkt stehen konsequenterweise alle bestehenden Risiken und Chancen aus unternehmerischen Tätigkeiten mit Umweltbezug sowie solche, die sich aus Transformationsentwicklungen ergeben werden. 

 

In Bezug auf die in IFRS S1 kodifizierten Berichtsbausteine (Governance, Strategie, Risikomanagement und Ziele) werden in IFRS S2 weitergehende Vorschriften formuliert. 

 

Auch hier hat das ISSB Erleichterungen im Rahmen der erstmaligen Anwendung vorgesehen und erlaubt etwa etablierte Verfahren der CO2-Footprint-Berechnung weiterzuverwenden, sofern diese von den gesetzgeberischen Definitionen abweichen. 

Abbildung 2 - Anwedungskontext von IFRS S2

IOSCO: Internationale ESG-Konvergenz durch Akzeptanz der IFRS SDSs

Die in Europa vom ISSB bzw. ISAB formulierten Disclosures zur Sustainability-Berichterstattung wurden Ende Juli 2023 in global aufgewertet. Die IOSCO - The International Organization of Securities Commissions – also der internationale Dachverband der Börsenaufsichtsbehörden - hat die SDSs offiziell anerkannt und seinen Mitgliedern empfohlen, diese Vorschriften in ihre Frameworks zur integrierten Kapitalmarktberichterstattung aufzunehmen. Dies ist ein starkes Signal, welches die internationale ESG-Konvergenz langfristig verstärkt und Planungssicherheit für alle betroffenen und global agierenden Konzerne schafft. 

IFRS Sustainability Disclosure Taxonomy

Um die künftig integriert zu betreibende Umweltberichterstattung auch in den digitalen Reporting-Plattformen der Unternehmen zu etablieren, ist das IASB bereits im Juli 2023 einen wichtigen nächsten Schritt gegangen. Seit Ende Juli 2023 steht ein Vorschlag für die digitale Taxonomie der neuen Offenlegungsverpflichtungen zur Verfügung. Kommentierungen für diesen Entwurf können innerhalb einer 60-Tages-Frist bei Ende September 2023 abgegeben werden. Das ISSB möchte die finalisierte, wiederum auf XBRL basierende Taxonomie dann Anfang des Jahres 2024 zur Verfügung stellen.  

Kapitalmarktorientierte Unternehmen bekommen Umsetzungssicherheit

Bereits vor 20 Jahren hatte die IOSCO, deren 130 Mitgliedsländer nach eigener Aussage über 95% des weltweiten Kapitalmarkthandelns abdecken, ihren Mitgliedern die Anwendung der IFRS-Standards angeraten. Als weiteren essenziellen Schritt auf dieser Roadmap für verstärkte Reportingkonvergenz erfolgte nun auch die Anwendungsempfehlung für die IFRS SDS. Weitere Maßnahmen auf der Autobahn für eine tiefer integriertes Financial- und Non-Financial-Reporting werden sicherlich folgen. 

 

Kapitalmarktorientierte Unternehmensgruppen sind nach NFRD, CSRD und Pillar II in der ESG-Umsetzung geübt und werden sich über das „Plus“ an nun gewonnener Umsetzungssicherheit sicherlich freuen. Software-Hersteller, z.B. die deutsche SAP, haben sich bereits mit der Cloud-Application Group Reporting Data Collection im SAP S/4HANA-Kontext in Stellung gebracht und bietet auch ESG-Templates für eine integrierte Berichterstellung an.

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Die CSRD erweitet ab dem Geschäftsjahr 2024/2025 die Berichtspflicht für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen in Abhängigkeit der Größe. Die EU hat mittlerweile mit den ESRSs Standards für die Ausgestaltung der geforderten ESG-Informationen publiziert.

Verfasst von

Martin Wünsch
Prof. Dr. Martin Wünsch
Experte für SAP S/4HANA Transformation & Finance