Neuer Marktprozess zur „Messlokationsänderung“
Umsetzung §14a: Neustart im Messwesen
Die Energiewende schreitet voran – und mit ihr verändern sich nicht nur Technologien, sondern auch die dahinterliegenden Marktprozesse. Ab dem 1. Oktober 2025 gilt ein überarbeiteter Marktprozess zur Messlokationsänderung, der zum zentralen Baustein für die Umsetzung von § 14a EnWG und den flächendeckenden Rollout intelligenter Messsysteme wird.
Der neue Marktprozess ersetzt den bisherigen Use-Case „Messlokationsänderung bei kME, mME inkl. iMS-Einbau, Erweiterung und Parametrierung“ aus der WiM Strom Teil 1 (BK6-24-174) vom 24. Oktober 2024.
Was auf den ersten Blick wie eine weitere regulatorische Anpassung wirkt, ist bei genauerem Hinsehen ein strategisch wichtiger Schritt: Er schafft klare Strukturen, verbessert die Kommunikation zwischen Netzbetreibern, Messstellenbetreibern und Lieferanten – und verbindet klassisches Messwesen mit moderner Netzsteuerung.
Dieser Beitrag gibt einen kompakten Überblick über Hintergründe, Ziele und Abgrenzung zum bisherigen Verfahren – und zeigt, warum dieser Wandel nicht nur notwendig, sondern auch richtungsweisend ist.
Was ist der Marktprozess „Prozess zur Änderung der Technik an Lokationen“?
Der Prozess „Messlokationsänderung“ beschreibt technische und organisatorische Änderungen an einer bestehenden Messlokation – also dem Ort, an dem Energie gemessen wird. Dies betrifft zum Beispiel:
den Einbau oder die Nachrüstung eines intelligenten Messsystems (iMSys) oder konventionelles Messgerät für rLM
die Installation einer Steuerbox für §14a-Anwendungen,
oder technische Änderungen wie einen Zählerwechsel oder eine neue Parametrierung.
Was kann man mit dem neuen Prozess „Messlokationsänderung“ machen?
Durch die Überarbeitung wird es möglich sein, dass Marktpartner:
gezielt technische Gerätänderungen an der Messlokation beauftragen und umsetzen,
den Einbau eines iMSys aktiv anstoßen – auch durch den Kunden des Lieferanten selbst.
eine standardisierte Abrechnung nach Preisblatt B durchführen,
die Voraussetzungen für §14a-Steuerbarkeit schaffen,
Durch die Einführung neuer Datenformate gibt es klarer Kommunikationsabläufe wie die Kommunikation zwischen Netzbetreiber, Messstellenbetreiber (MSB) abläuft.
Warum ist die Prozessüberarbeitung für die Messlokationsänderung notwendig?
Die Neufassung ist keine bloße Formalität, sondern eine Antwort auf tiefgreifende Veränderungen im Energiemarkt. Drei Entwicklungen sind dabei besonders relevant:
Integration in die Marktkommunikation
Mit der Einführung des 24-Stunden-Lieferantenwechsels wurde die Messlokationsänderung erstmals in die standardisierte Marktkommunikation integriert. Damit entstand zwar eine technische Basis, viele inhaltliche Fragestellungen blieben jedoch zunächst unbeantwortet.
Die Folge: Verbindliche Prüfprozesse waren bislang kaum etabliert. Es wurde lediglich kontrolliert, ob der Ausführungstermin innerhalb von zwanzig Werktagen nach Eingang der Nachricht beim Messstellenbetreiber (MSB) liegt. Handelte es sich beim anfragenden Lieferanten nicht um den aktuell aktiven Lieferanten an der Messlokation, wurde geprüft, ob eine entsprechende Vollmacht vorliegt und ob diese plausibel ist.
Wurde der Prozess abgelehnt, musste er komplett neu angestoßen werden – ein hoher manueller Aufwand, da ohne klar definierte Prüfregeln eine flächendeckende Automatisierung nicht möglich war. Mit dem neuen Verfahren können nun jedoch wiederkehrende Prozessschritte beim Lieferanten, Netzbetreiber und MSB genutzt werden, um gezielt neu anzufragen und mit deutlich geringerem Aufwand schneller zum Ziel zu kommen.
Der überarbeitete Prozess bringt eine deutlich umfassendere Prüfung und weitreichende Automatisierung mit sich. So wird unter anderem kontrolliert, ob die Leistungen gemäß Preisblatt B abgerechnet werden und ob die angefragte Technik grundsätzlich umsetzbar ist.
Zudem ersetzt künftig ein definierter Umsetzungszeitraum den bislang geforderten festen Ausführungstag. Dies verschafft dem MSB einen deutlich erweiterten Handlungsspielraum für die Durchführung des Gerätewechsels, da der konkrete Umsetzungstermin erst zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt werden muss.
Abrechnung und Planbarkeit
Bislang fehlte eine transparente Abrechnung. Der MSB handelte oft auf Zuruf, ohne dass eine klare Vergütung oder verbindliche Fristen festgelegt waren. Dies wird sich durch eine Abrechnung nach Preisblatt B, eine Vergütung auch bei gescheiterter Umsetzung und vereinbarte Zeitfenster zur Umsetzung deutlich verbessern.
Anforderungen aus §14a und iMSys-Rollout
Die Steuerung nach §14a EnWG sowie der Einbau von Steuerboxen und intelligenten Messsystemen (iMSys) erfordert definierte technische Use-Cases, strukturierte Marktkommunikation und die Möglichkeit, komplexe Änderungen sauber abzubilden. Der neue Prozess erfüllt genau diese Anforderungen – standardisiert, rechtssicher und zukunftsfähig.
Was sind die Ziele des neuen Prozesses „Messlokationsänderung“?
Die Reform verfolgt konkrete strategische und praktische Ziele, die sowohl technisch als auch gesellschaftlich relevant sind:
Teilhabe für Anschlussnutzer
Anschlussnutzer können erstmals selbst den Einbau eines intelligenten Messsystems (iMSys) anstoßen – ein wichtiger Schritt für Transparenz, Akzeptanz und Bürgerbeteiligung an der Energiewende.
Beispiel: Eine Mieterin beantragt online den Einbau eines iMSys, um ihren Stromverbrauch besser zu verstehen.
Neue Chancen für Energielieferanten
Lieferanten können künftig auf Basis von iMSys-Daten dynamische Tarife anbieten – ein Weg zu neuen Geschäftsmodellen und mehr Flexibilität im Stromverbrauch.
Beispiel: Ein Stromanbieter bietet einen Tarif an, bei dem der Preis nachts günstiger ist – sichtbar im Kundenportal.
Standardisierung der Marktprozesse
Durch einheitliche Datenformate, definierte Use-Cases und klare Kommunikationswege wird die Zusammenarbeit zwischen Marktrollen effizienter und robuster.
Beispiel: Netzbetreiber und Messstellenbetreiber nutzen dieselben XML-Formate für die Datenübermittlung.
Umsetzung von §14a EnWG
Der neue Prozess bildet die technischen und regulatorischen Anforderungen aus §14a vollständig ab – von der Steuerung bis zur Abrechnung.
Beispiel: Eine steuerbare Wallbox wird eingebunden und bei Netzengpässen automatisch gedrosselt.
Effizienzsteigerung und Prozessklarheit
Weniger Rückfragen, schnellere Umsetzung, bessere Planbarkeit: Der neue Prozess reduziert Reibungsverluste und beschleunigt Abläufe.
Beispiel: Eine Messlokationsänderung wird digital beauftragt und innerhalb weniger Wochen umgesetzt.
Mehr Rechtssicherheit
Die Prozessbeschreibung orientiert sich an den aktuellen gesetzlichen Vorgaben (EnWG, MsbG) – auch gescheiterte Umsetzungen sind rechtlich und abrechnungstechnisch abgesichert.
Beispiel: Ein abgelehnter iMSys-Einbau wird dokumentiert und rechtssicher archiviert.
Wie wird der neue Prozess „Messlokationsänderung“ zu bisherigen Prozessen abgegrenzt?
Der neue Prozess zur Messlokationsänderung unterscheidet sich deutlich von bisherigen Verfahren – sowohl in seiner Zielsetzung als auch in seiner strukturellen Ausgestaltung.
Im Unterschied zum Universalbestellprozess gemäß §14a EnWG, der ausschließlich auf die Bestellung und Steuerung von Verbrauchseinrichtungen abzielt, richtet sich der neue Prozess auf die technische Umsetzung an der Messlokation. Der Universalbestellprozess betrifft vor allem Netzbetreiber und Anschlussnutzer und regelt, wie steuerbare Lasten eingebunden und angesteuert werden – ohne jedoch technische Änderungen am Messsystem selbst vorzunehmen.
Auch der bisherige Prozess zur Messlokationsänderung kann nicht mit der neuen Version verglichen werden. Er war zwar technisch orientiert – etwa beim Austausch von Zählern oder der Umstellung von Parametrierungen – berücksichtigte jedoch nicht die Anforderungen aus §14a oder die Anforderungen des iMSys-Rollouts. Zudem fehlte eine saubere Regelung zur Beauftragung, Kommunikation und Abrechnung.
Der neue Prozess hingegen schafft eine nahtlose Verbindung beider Welten: Er integriert die technische Umsetzung mit den regulatorischen Anforderungen und stellt sicher, dass alle relevanten Marktrollen – vom Lieferanten über den Messstellenbetreiber bis zum Netzbetreiber – effizient zusammenarbeiten können. Damit wird er zur zentralen Schnittstelle zwischen klassischem Messwesen, moderner Steuerungstechnik und digitalem Energiemarkt.
Die überarbeitete Messlokationsänderung ist weit mehr als ein technischer Schritt – sie ist ein verbindendes Element der digitalen Energiewelt. Sie schafft die Brücke zwischen klassischer Infrastruktur und intelligenter Steuerung, zwischen technischer Umrüstung und regulatorischer Klarheit. Das Ergebnis: Marktprozesse werden transparenter, effizienter und zukunftssicher.
In Kombination mit §14a EnWG und dem Rollout der intelligenten Messsysteme (iMSys) entsteht ein Prozess, der nicht nur technisch durchdacht, sondern auch strategisch entscheidend ist. Für Netzbetreiber, Energielieferanten, Messstellenbetreiber – und letztlich für alle, die aktiv an der Energiewende mitwirken.