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MaBiS-Hub – Zukunftspotential oder Investitionsgrab vieler kleiner Energieversorger?

Nächster Digitalisierungsschub zur modernen Marktkommunikation

MaBiS-Hub: Welche Herausforderungen und Chancen bringt das?
01.07.2025
Energie- & Versorgungswirtschaft
IT Outsourcing

In den vergangenen Jahren hat die Digitalisierung der Energie- und Versorgungswirtschaft massiv an Fahrt aufgenommen. Mit kürzlich umgesetzten Rahmenbedingungen zum 24h-Lieferantenwechsel und der Einführung moderner, API-basierten Webdiensten steht nun die nächste große Umstellung in der Marktkommunikation bevor.

 

Was in vielen Häusern zunächst als routinemäßiges IT-Update eingeplant wurde, entwickelte sich zum Digitalisierungs-Kraftakt: Sämtliche Systeme mussten angepasst, neue Schnittstellen etabliert und bestehende Prozesse überdacht werden. Gerade für kleinere Energieversorger mit begrenzten Ressourcen war das eine enorme Herausforderung. 

 

Die Branche spürt: Nachdem 24h-Lieferantenwechsel und nun weitere folgende regulatorischen Anforderungen steht die nächste Stufe der Digitalisierung bevor – und mit ihnen erheblicher Investitionsbedarf und neue Lernkurven. Damit rückt auch das Thema MaBiS-Hub stärker in den Fokus. 

Was steckt hinter dem MaBiS-Hub?

Vor diesem Hintergrund hat die Bundesnetzagentur im Oktober 2024 ein Konsultationsverfahren zur Neugestaltung der Bilanzkreisabrechnung gestartet: dem MaBiS-Hub. Im Zentrum steht die Idee, die bislang dezentral organisierten Prozesse in der Bilanzierung und die Verarbeitung der Messwerte künftig auf eine zentralisierte Plattform zu überführen.  


Dabei unterscheidet der neue Entwurf klar zwischen der Bereitstellung und Aggregation von Messwerten bzw. der Bilanzierung und Abrechnung. Ziel ist es, dass künftig ein zentraler Akteur (im MaBiS-Hub) die Aggregation aller bilanzierungsrelevanten Messwerte übernimmt und die Bilanzierung für alle Marktteilnehmer zentral durchführt. Laut Bundesnetzagentur verspricht dieses Modell eine zukunftsfähige Neuausrichtung der Prozesse und eine deutliche Entlastung der Marktpartner (Quelle).

 

Ein wesentlicher Aspekt: Durch die Zentralisierung würde künftig ein Großteil der heutigen dezentralen EDM-Systeme bei Verteilnetzbetreibern entfallen. In der Festlegung wird dies explizit als Kostenvorteil hervorgehoben, da lokale EDM-Systeme für die Zwecke der Bilanzierung nicht mehr benötigt werden.  
Gerade für kleine Energieversorger, die bisher erhebliche Mittel und IT-Personal für Betrieb und Pflege dieser Systeme aufwenden müssen, wäre dies potenziell eine spürbare Entlastung. Arvato Systems als IT-Spezialist für die Energie- und Versorgungswirtschaft unterstützt Sie gerne bei der Umsetzung.

 

Hintergrund für die Neuausrichtung sind unter anderem gesetzliche Vorgaben aus dem Messstellenbetriebsgesetz (MsbG): Spätestens ab 2030 müssen Mess- und Lastgänge datenschutzkonform, also pseudonymisiert, verarbeitet werden. Die bestehenden dezentralen Prozesse stoßen dabei zunehmend an technische und organisatorische Grenzen. Der MaBiS-Hub soll hier eine langfristige, zentralisierte Lösung schaffen.

 

Kurzfristig wurden zwar bereits Übergangslösungen implementiert – doch nachhaltig setzt die Bundesnetzagentur auf eine umfassende Zentralisierung der Marktkommunikation. 

Herausforderungen für kleinere Energieversorger

So sinnvoll der MaBiS-Hub in der Theorie klingt – die praktische Umsetzung bereitet vielen kleinen Versorgern Kopfschmerzen. Die Einführung einer zentralen Plattform bedeutet zunächst zusätzlichen Implementierungsaufwand. Voraussichtlich müssten heutige Systeme über Jahre parallel weiterbetrieben werden, bis der MaBiS-Hub vollständig greift. Für Energieversorger, denen es oft an IT-Fachkräften mangelt, ist das ein enormes Pensum. IT-Fachexpertinnen und -Fachexperten wie die von Arvato Systems helfen dabei gern.  

Hemmnisse der Digitalen Transformation bei Stadtwerken

Laut einer BDEW-Umfrage betrachten 74 % der Stadtwerke den hohen bürokratischen Aufwand als große Hürde, gefolgt von unzureichender Mitarbeiterqualifikation (73 %) und mangelnden IT-Ressourcen (71 %). Diese Zahlen verdeutlichen das Dilemma: Einerseits könnte ein zentraler Datenhub den Abstimmungsaufwand verringern, andererseits verfügen gerade kleine Stadtwerke oft nicht über die Fachkräfte und Systeme, um eine solche Umstellung zu stemmen. 

 

Schon die aktuelle Umstellung auf den 24h-Lieferantewechsel und die Ablösung von EDIFACT durch API-basierte Webdienste zeigt, wie groß die Belastung für kleine IT-Teams ist: Die parallele Einführung neuer Prozesse neben dem Tagesgeschäft bringt viele Energie- und Versorgungsunternehmen bereits jetzt an ihre Grenzen. 

 

Hinzu kommt die Unsicherheit über die Konsequenzen des MaBiS-Hub. So bleibt etwa trotz zentraler Abrechnung die finanzielle Verantwortung für Fehler und Abweichungen weiterhin beim jeweiligen Verteilnetzbetreiber. Experten warnen, der aktuelle Hub-Entwurf führe zu "unkalkulierbaren finanziellen Risiken" für Netzbetreiber und bringe Nachteile insbesondere für kleinere Energieversorger. 

 

Die Furcht: Am Ende könnten gerade die kleinen Energieversorgungsunternehmen unter den Folgen leiden – sei es durch höhere Ausgleichsenergiekosten, komplexere Fehleranalysen oder einen weiteren Schub zur Marktkonsolidierung. 

Chancen für Stadtwerke durch den MaBiS-Hub

Bei aller Vorsicht dürfen die Chancen des MaBiS-Hub nicht außer Acht gelassen werden. Gelingt die Umsetzung, könnten Energie- und Versorgungsunternehmen langfristig spürbar entlastet werden. Routineaufgaben in der Marktkommunikation würden zentral erledigt, Doppelarbeiten und manuelle Abstimmungen und Nacharbeiten entfallen. Das gibt den örtlichen Versorgern Raum, sich auf ihr Kerngeschäft und neue Dienste – etwa innovative Tarife oder Energieeffizienzangebote – zu konzentrieren.

 

Wichtig ist, dass kleine Energieversorger diesen Wandel nicht allein bewältigen müssen. Bereits heute schließen sich Versorgungsunternehmen in Kooperationen zusammen – getreu dem Motto "Digitalisierung schafft man nicht allein." – oder nutzen externe IT-Dienstleister, um die Digitale Transformation zu stemmen. Durch gemeinschaftliche Lösungen oder das Zukaufen von Software as a Service lässt sich die technische Last schultern, ohne jeden Energieversorger individuell zu überfordern. Im Markt bewegen sich schon jetzt Partner – von spezialisierten IT-Dienstleister bis zu Stadtwerke-Zusammenschlüssen – um auch kleinen Energieversorgern den Weg in die neue Hub-Welt zu ebnen.

 

Schlussendlich entscheidet die Art der Umsetzung, ob der MaBiS-Hub zum Zukunftspotenzial oder zum Investitionsgrab für kleine Energie- und Versorgungsunternehmen wird. Werden Herausforderungen frühzeitig erkannt und angegangen, kann der MaBiS-Hub ein weiterer Schritt in Richtung effizienterer, digitalerer Energiewirtschaft sein. Bleiben jedoch notwendige Hilfestellungen aus, droht Überforderung. Fest steht: Die Zeit bis 2030 vergeht sicherlich schneller als gedacht.

 

Mit Weitblick, Kooperation und der richtigen Unterstützung kann der MaBiS-Hub für Energie- und Versorgungsunternehmen vom Schreckgespenst zum Erfolgsmodell werden – und seinem Anspruch gerecht werden, die Marktpartner spürbar zu entlasten. 

Arvato Systems begleitet seit Jahren die Digitalisierung der Energiebranche und bietet schon jetzt ein umfangreiches Leistungsportfolio für die Anbindung an den MaBiS-Hub – von SaaS-Lösungen für Bilanzierungs- und Marktprozesse bis hin zu umfassender Branchenexpertise und Integrationsservices. Als zuverlässiger Partner unterstützt Arvato Systems Unternehmen der Energie- und Versorgungswirtschaft dabei, regulatorische Vorgaben effizient umzusetzen und die Chancen der neuen Marktarchitektur optimal zu nutzen. 

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Verfasst von

Alkawwas-Profilbild
Mustafa Al Kawwas
Experte für die Energie- und Versorgungswirtschaft