Applikationslandschaft zukunftssicher modernisieren

Legacy killt Innovation – und jetzt?

Evolution statt teurem Big Bang

Evolution statt Revolution: Wie Unternehmen ihre Applikationslandschaft zukunftssicher modernisieren
03.07.2025
Application Modernization
Application Development

IT-Verantwortliche stehen vor einem Dilemma: Bewährte, aber schwer wartbare Systeme müssen gepflegt werden, gleichzeitig steigt der Druck zur Innovation. Dieser Artikel beleuchtet die Modernisierungsdilemmata und präsentiert evolutionäre Ansätze, die Stabilität und Agilität vereinen.

Zwischen Stabilität und Innovationsdruck: Die Modernisierungsdilemmata der IT

Viele IT-Verantwortliche in Unternehmen kennen das Spannungsfeld nur zu gut: Auf der einen Seite stehen gewachsene, über Jahre entwickelte Applikationslandschaften – oft monolithisch, schwer wartbar, aber geschäftskritisch. Auf der anderen Seite steigen die Erwartungen aus dem Business: Agilität, digitale Innovation, Cloud-Fähigkeit, Integration von KI und skalierbare Infrastrukturen werden zur Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit. 

 

Während die IT zunehmend zum Innovationstreiber werden soll, bindet der Betrieb historisch gewachsener Systeme erhebliche Ressourcen. Wartung, Bugfixing und Sicherheitsupdates dominieren den Alltag. Laut aktuellen Analysen fließen bis zu 80 % des IT-Budgets in den Erhalt bestehender Anwendungen – für Innovation bleibt kaum Spielraum. Doch einfach alles neu zu bauen? Für viele Organisationen ein zu riskanter und zu kostenintensiver Weg. 

Warum klassische Modernisierungsstrategien häufig scheitern

Wenn IT-Organisationen sich der Herausforderung stellen, ihre Applikationslandschaft zu erneuern, fallen die strategischen Entscheidungen häufig in zwei Kategorien: Den „Big Bang“ der Neuentwicklung oder das bloße Weitermachen mit dem Status quo. 

Die Neuentwicklung – verheißungsvoll, aber riskant

Eine komplette Neuentwicklung bietet auf dem Papier viele Vorteile: Alte Zöpfe werden abgeschnitten, moderne Architekturen und Betriebsmodelle können sauber umgesetzt werden. Doch in der Realität zeigt sich ein anderes Bild: Unklare Anforderungen, Know-how-Verlust über alte Systemlogik, hohe Komplexität und lange Umsetzungszeiträume führen häufig zu Verzögerungen und Budgetüberschreitungen. Zudem muss das Altsystem während der Transformation weiter betrieben werden – inklusive seiner Risiken und Kosten. 

Der Status quo – bequem, aber teuer

Viele Unternehmen verharren im Bestehenden. Die Anwendungen laufen, der Betrieb ist etabliert, und Veränderungen erscheinen zu aufwändig. Doch die Komfortzone ist trügerisch: Technologische Schulden wachsen, Sicherheitsrisiken steigen, die Integration neuer Services wird zum Kraftakt. Langfristig wird das Verharren zur Innovationsbremse – strategisch wie operativ. 

Ein neuer Denkansatz: Evolutionäre Applikationsmodernisierung

Zwischen diesen beiden Extremen etabliert sich zunehmend ein dritter Weg: Die evolutionäre Modernisierung. Sie setzt nicht auf den radikalen Schnitt, sondern auf kontrollierte, schrittweise Transformation – entlang klar priorisierter Ziele und mit messbarem Mehrwert nach jeder Etappe. 


Dieser Ansatz kombiniert zwei Anforderungen, die sonst kaum vereinbar erscheinen: Betriebssicherheit und Innovationsfähigkeit. Anwendungen werden nicht im Ganzen ersetzt, sondern gezielt angepasst, modularisiert, containerisiert oder ergänzt. Alte und neue Komponenten koexistieren temporär – der Wandel erfolgt iterativ und bedarfsgerecht. 


Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch die evolutionäre Modernisierung nicht alle Herausforderungen vollständig auflöst. Einige technische Schulden bleiben bestehen, insbesondere dort, wo grundlegende Architekturentscheidungen nicht einfach umkehrbar sind. Bestimmte Änderungen lassen sich nur schwer oder gar nicht umsetzen, und der bestehende Techstack kann nur begrenzt verändert werden. Dennoch überwiegen in vielen Szenarien die Vorteile, da der Nutzen inkrementell realisiert werden kann – mit gleichzeitig hoher Betriebssicherheit.

Die Vorteile evolutionärer Modernisierung im Überblick

Geringeres Risiko durch überschaubare, isolierte Änderungen 
Schneller ROI, da frühzeitig Mehrwert geschaffen wird 
Flexibilität in der Technologie- und Infrastrukturwahl 
Hohe Akzeptanz bei Nutzern und im Fachbereich durch sichtbare Verbesserungen 
Bewahrung wertvoller Systemlogik, statt vollständigem Neubau 

Komplexität greifbar machen: Mit Struktur durch den Wandel

Modernisierung braucht mehr als Technik – sie braucht Struktur. Erfolgreiche IT-Organisationen setzen daher auf eine methodische Vorgehensweise, die technische Analysen, Business-Prioritäten und strategische Ziele vereint. Bewährt hat sich ein mehrstufiger Plan, der sowohl technologische Grundlagen als auch organisatorische Voraussetzungen berücksichtigt: 

  1. Bestand analysieren & Probleme priorisieren 

    Welche Applikationen verursachen die höchsten Kosten, Risiken oder Beschwerden? Wo liegen funktionale Schwächen? Eine detaillierte Analyse – ergänzt um Telemetrie-Daten, Nutzerfeedback und Betriebsmetriken – schafft Transparenz und identifiziert konkrete Schmerzpunkte. 

  2. Schnittstellen & Abhängigkeiten verstehen 

    Die Qualität der Integrationen ist entscheidend. Veraltete APIs, fragile Datenflüsse oder fehlende Dokumentation sind häufige Stolpersteine. Frühzeitige Bewertung reduziert spätere Risiken. 

  3. Relevante Funktionen identifizieren 

    Nicht alles, was heute existiert, muss übernommen werden. Viele Altanwendungen enthalten ungenutzte oder obsolete Module. Telemetrie und Feedback helfen, den Fokus auf wertstiftende Funktionen zu richten. 

  4. Zielarchitektur definieren 

    Welche Technologie-Stacks, Laufzeitumgebungen oder Sicherheitskonzepte sollen zukünftig genutzt werden? Entscheidungen zu Cloud-Strategien, Authentifizierungsmechanismen und Deployment-Prozessen sind zentral für einen konsistenten Umbau. 

  5. Infrastruktur & Betrieb planen 

    Stabilität, Skalierbarkeit und Sicherheit sind nur mit der richtigen Infrastruktur gewährleistet. Ob Kubernetes, PaaS oder hybrides Hosting: Eine durchdachte Architektur und Governance-Strukturen schaffen Zukunftssicherheit. Teil dieses Schrittes ist es auch, eine passende Cloud- und Sicherheitsarchitektur zu entwerfen und – idealerweise frühzeitig – zu testen. 

    Alternativ können vorgefertigte Applikationsplattformen den Einstieg erleichtern. Avvia Applications von Arvato Systems ist ein Beispiel für eine solche Plattform: ein umfassender Sicherheits- und Datenübertragungshub, an den sich eigene Komponenten anbinden lassen, um eine geschützte Umgebung in der Cloud aufzubauen. Solche Lösungen bieten eine bewährte Grundlage, um Betrieb und Sicherheit effizient zu integrieren.

  6. Umsetzung iterativ starten 

    Der Wandel beginnt in kleinen Schritten – z. B. durch Containerisierung, Refactoring einzelner Module oder die Integration moderner Schnittstellen. Wichtig: Jede Veränderung ist technisch eingebettet, organisatorisch abgesichert und messbar erfolgreich. 

  7. Skalieren & stabilisieren 

    Nach ersten Erfolgen geht es darum, die Erkenntnisse auszuweiten: Prozesse zu automatisieren, Betriebsmodelle zu optimieren, Teams zu entlasten – und weitere Applikationen gezielt nachzuziehen.  Dies kann beispielsweise durch Outsourcing oder die Verwendung von Manged Services in der Cloud unterstützt werden.

Der Schlüssel: Der richtige Einstieg

Oft entscheidet der erste Modernisierungsschritt über den Erfolg der gesamten Initiative. Daher lohnt eine bewusste Auswahl: 

  • Klein genug, um realisierbar zu sein – aber wichtig genug, um sichtbaren Nutzen zu bringen. 

  • Technisch beherrschbar, mit klar dokumentierten Strukturen und bekannten Abhängigkeiten. 

  • Geschäftlich relevant, um Rückendeckung im Fachbereich zu sichern. 

  • Strategisch anschlussfähig, um Folgeprojekte direkt daran anknüpfen zu können. 

Ein häufig genutzter Einstiegspunkt sind Randanwendungen mit hoher Schmerzbelastung – etwa durch hohe Betriebskosten, geringe Performance oder unflexible Schnittstellen. Ein besonders wirkungsvoller Hebel ist die Anbindung externer Partnersysteme, da hier oft mit vergleichsweise geringem Entwicklungsaufwand moderne Funktionalitäten erschlossen werden können.

Dabei geht es nicht nur um die technische Integration, sondern auch um den Aufbau eines strukturierten Partnermanagements, das beispielsweise Vertragsgestaltung, Betriebssicherheit und Schnittstellenverfügbarkeit adressiert. Diese Form der Modernisierung bietet häufig den schnellsten und sichtbarsten Erfolg, insbesondere wenn die neuen Funktionalitäten sofort im Tagesgeschäft spürbar sind.

Wichtig ist: Erfolg muss sichtbar und kommunizierbar sein – in Kennzahlen, User Experience oder eingesparten Ressourcen. 

Vom Projekt zur Programmatik: Modernisierung als kontinuierlicher Prozess

Evolutionäre Applikationsmodernisierung ist keine Aufgabe mit definiertem Endpunkt, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Etablierung von Strukturen und Verantwortlichkeiten, die langfristiges Lernen ermöglichen: 

  • DevOps-orientierte Betriebsmodelle steigern Effizienz und verkürzen Release-Zyklen. 

  • Automatisierung und Monitoring sichern Skalierbarkeit und Qualität. 

  • Plattformstrategien reduzieren Redundanzen und fördern Wiederverwendbarkeit. 

  • Cross-funktionale Teams mit hoher Systemverantwortung bringen Businessnähe und technologische Exzellenz zusammen. 

Je stärker Unternehmen diesen Wandel organisatorisch mitgestalten, desto nachhaltiger wirkt die Modernisierung – nicht nur in der IT, sondern übergreifend in der gesamten Wertschöpfungskette. 

Fazit: Kleine Schritte, großer Hebel

Die digitale Transformation fordert nicht nur Innovation – sie verlangt eine belastbare Basis. Veraltete Applikationslandschaften sind dabei oft das größte Hindernis. Wer heute zukunftsfähig bleiben will, muss den Wandel aktiv gestalten – aber nicht um jeden Preis. Die evolutionäre Applikationsmodernisierung zeigt: Es geht auch anders. Kontrolliert. Iterativ. Und erfolgreich. 

IT-Entscheider, die jetzt strategisch denken, schaffen nicht nur technologische Erneuerung – sie sichern die Innovationskraft ihrer Organisation für die kommenden Jahre. Denn am Ende gilt: Nicht die Größe der Schritte zählt, sondern deren Wirkung. 

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Verfasst von

frederik michel
Frederik Michel
Experte für Software Architektur